Seit den frühen Morgenstunden sind Helfer des THW Wiesbadens mit Unterstützung umliegender Ortsverbände im Einsatz, um die von der Stadt Wiesbaden angeordnete Rheinverlagerung vorzubereiten. Drei Dutzend ehrenamtliche sind mit mehreren Baumaschinen dabei, das neue Flussbett zu gestalten. Ziel der Maßnahmen ist es, die drei Wiesbadener Stadtteile Amöneburg, Kastel und Kostheim wieder nach Mainz zurückzuführen. AKK war bis zum 25. Juli 1945 bereits Teil von Mainz - bevor es in den Nachkriegswirren der amerikanischen Besatzungszone zugeschlagen wurde. Der seit dem schwelende AKK-Konflikt eskalierte nur deshalb nicht weiter, weil niemand wusste, wer eigentlich zuständig ist.
Der neu geplante Flusslauf bedient sich dabei eines alten Rhein-Armes nordwestlich der Bleiau in Gustavsburg. Von dort aus umfließt der neue Verlauf östlich Kostheim, Kastel und Amöneburg entlang der Güterumfahrung und der A671. Auf Höhe des Bahnhofes Wiesbaden Ost wird der neue Rhein dann dem schon vorhandenen Lauf des Salzbaches folgen und zurück in den heutigen Rhein fließen. Dadurch wird auch der Kalle-Albert-Industriepark wieder in seine beiden ursprünglichen Bestandteile - die Chemische Fabrik Kalle und die Chemischen Werke Albert - überführt. In einem Werk sollen die Produkte fortan überzogen, im anderen übergossen werden.
Bereits in den vergangenen Wochen wurden unter dem Deckmantel vermeintlicher Motorsägenausbildungen großflächige Rodungen durchgeführt. Durch Briefkastenfirmen, Fonds und Trusts wurden in den letzten Monaten außerdem die notwendigen Grundstücke erstanden. Die Geheimniskrämerei sei notwendig gewesen, um die Bevölkerung der betroffenen Stadtteile nicht zu verunsichern. "Wir hätten das ganze gern in einer Nacht- und Nebel-Aktion über die Bühne gebracht - aber es war leider nicht neblig.", so ein Vertreter aus informierten Kreisen. 70 Jahre AKK-Konflikt seien genug und rechtfertigten diesen drastischen Schritt, führt er weiter aus.
Sollte das Wetter nicht doch noch Nebel bescheren, wird sich die Rheinverlagerung noch bis Mitte nächster Woche hinziehen. "Wir sind zuversichtlich mit Blick auf den Zeitplan.", heißt es dazu von THW-Vertretern. Im Bereich von Gewässern, vor allem Flüssen, greife das THW auf ein erhebliches Erfahrungspotential zurück.
Über die Nutzung der freiwerdenden Flächen des dann nicht mehr genutzten Rheinabschnittes wird derzeit heftig diskutiert. Fest steht aber: Unter der Theodor-Heuss-Brücke entstehen überdachte Parkplätze. Die Brücke soll als Industriedenkmal erhalten bleiben, wird aber durch eine ebenerdige Straße ergänzt. Den Fahrradfahrern ist die ortsunübliche Steigung der Brücke schon lange ein Dorn im Auge.